Die 10 Gewohnheiten von erfolgreichen Trainer(innen)


Ja ich weiß, unter Hundeleuten ist das ein alter Hut. Es gibt sogar viele Kunden, die bereits mit diesem Wissen gerüstet zu uns kommen… nur wie sieht das in der Praxis aus? Ist es denn immer noch so eindeutig, dass der Mensch zuerst lernen muss? Oder muss der Hund irgendwann einmal einfach nur funktionieren?

Auf FB machte dieser Poster die Runde. Der beinhaltet viele Wahrheiten. Ich würde sie gern noch mal erläutern und vielleicht auch in einer neuen Reihenordnung sortieren. Nämlich in einer Reihenfolge, in der die am wenigsten intrusive (auf den Hund einwirkende) Maßnahme zuerst kommt.

 

Understanding Body Language: Die Körpersprache des Hundes verstehen.
Seine Signale und Körperhaltungen lesen zu können, und vor allem ihm zu zeigen, dass wir verstehen, wie sein Gemütszustand jetzt ist indem wir ihm helfen. DAS ist für mich das allerwichtigste und kommt an erster Stelle. Es geschehen so viele Fehlinterpretierungen, so viele „Etiketten“ werden dem Hund aufgeklebt, weil er uns „ignoriert“, den Auslöser jetzt schon kennt und langweilig findet, lieber Zeitung liest, nur zum anderen Hund zum Schnuppern und begrüßen hin will, und vieles mehr.
Unsere Hilfe? Das kann ein nettes Zureden sein, eine kleine Distanzerweiterung, eine kleine Übung die er mit Freude ausführen kann oder einfach das ruhige Verhalten, das er (noch) zeigt Markern, eine Berührung (so er das mag), eine kleine Entspannungsübung und vieles mehr…
Hundemenschen (und auch welche ohne Hund) sollten alle noch viel mehr über die Körpersprache des Hundes instruiert werden. An allererster Stelle!

Developing a relationship: Eine Beziehung mit dem Hund entwickeln.
Ah! Die gute alte „Bindung“. Mittlerweile ist es mir persönlich egal, welche Worte und Begriffe benutzt werden. Ich finde Bindung kein Unwort. So lange das nicht mystifiziert wird und für den Otto Normalverbraucher als etwas schwer zu erreichendes beschrieben wird (zum Beispiel durch die eigene Ausstrahlung, oder die Aura, die man sich erarbeiten müsste wenn man sie noch nicht hat), verwende ich auch gern mal Bindung. Es geht darum, dass mein Hund mich immer auf dem Schirm hat und ich zu jeder Zeit weiß wo er ist und was er tut. Dass er weiß, ich bin da, dass er sich an mich wenden kann – ohne Aufforderung und auch nach einer Aufforderung. Dass er mir in dem Punkt vertrauen kann, dass ich ihm keine Situationen zu mute, die er (noch) nicht meistern kann. Dass ich sein Tempo kenne, seine Distanzen kenne und er sich von mir nicht jedes Mal verprellen lassen muss. Das ist für mich im Hundetraining der wichtigste Aspekt einer Beziehung: Wissen, was der Partner kann und wie es ihm dabei geht. Und natürlich noch vieles mehr.

Managing Environment: Die Umwelt gestalten.
Da das Verhalten der Hundes eine Reaktion auf Faktoren aus der Umwelt ist, können und sollten wir als begleitender Mensch bereits dort ansetzen. Im Idealfall bereiten wir im Training und beim Üben die Umwelt so vor, dass der Hund erst gar nicht auf sein „unerwünschtes“ Verhalten zurückfallen muss.
Oh ja! Hier höre ich schon die Stimmen: „Aber so ist die Realwelt nicht“, „Aber wir wohnen in der Stadt“, „Aber er muss das können“, „Aber dafür ist er zu uns gekommen“, „Aber wir können so eine Umwelt nicht schaffen“, „Aber er soll das schnell und sofort lernen“, „aber das ist unser Alltag“. Ich weiß: „Aber..“
Ich kenne diese Einwände nur zu gut.
Wenn man sich „aber“ vor Augen führt, dass bestimmtes Unerwünschtes Verhalten einfach nur Reaktionen auf Situationen sind, und dass diese Reaktionen seine momentan bestmöglichen Instrumente sind, die er jetzt zur Verfügung hat, dann habe ich keine andere Wahl. Oder wie soll der Hund plötzlich ein neues Verhalten zeigen, wenn sich an den äußerlichen Faktoren so gar nichts ändert? Gerade in den für ihn stressenden Situationen fällt es dem Hund unheimlich schwer, das neue Verhalten zu üben (und dem Menschen auch). Das KANN in wenigen Fällen funktionieren, aber leider nicht in den meisten.

Diese Gewohnheit beinhaltet für mich noch die zwei nächsten Gewohnheiten:

Setting up the dog to succeed.
Gebe dem Hund die bestmögliche Chance sich „erfolgreich“ zu verhalten. Das ist nämlich der wichtigste Aspekt an der Gestaltung des Trainings-und Alltagsumfeldes.

und

Providing enriched Environment: Dem Hund eine angereicherte Umgebung bieten.
Sowohl beim Training wie auch beim Alltagsgassi ist es schön für den Hund, wenn die Umgebung so angereichert ist, dass er sich damit auf seiner persönlichen Art und Weise aus einander setzen kann. Man sollte als Begleiter dafür sorgen, dass man die Hobbies vom Hund kennt und Elemente aus der Umwelt als Beschäftigungs¬möglichkeit nutzt. Alternativ oder zusätzlich kann man selber einiges als Aufwertung zur Verfügung stellen, das seinen Hobbies entspricht. Dabei fallen mir so Möglichkeiten ein wie: Schnüffeln und finden, Laufen, Targets, Pausen, Herumschauen, kleine leichte Übungen aber auch gern mal Kniffliges, wenn er das mag und kann. Eben so wie der Hund gestrickt ist, so kann man ihm die Umwelt aufwerten. Es spricht das Gehirn an und bietet Freude an der Interaktion mit seinem Menschen und mit der Umwelt.

Adequate Exercise: angepasste und ausgewogene Auslastung.
Dies ist ein Muss für eine artgerechte Hundehaltung. Immer nur an der Leine nebenher dackeln ist genau so fatal wie stundenlang hinter einem Bällchen her zu rennen, oder seinen Auslauf nur am Fahrrad zu bekommen, oder nur Jagdverhalten aus zu leben, oder von Sport A nach Sport B zu pendeln. Oder nur unter Signal stehen, oder sein Futter nur gegen Leistung zu verdienen, oder kaum nach draußen zu kommen. Hier gilt einfach ein gesundes Mittelmass: Trainings- und Erziehungselemente, Beschäftigung wie Suchen oder Interaktion mit seinem Menschen, freie (leinenlose) Bewegung in der Natur mit vielen natürlichen Möglichkeiten den Körper im Gelände zu bewegen. Ein, zweimal Hundeschule in der Woche (wenn man will, geht auch mehr aber nicht alles zum gleichen Thema), vielleicht auch mal Spaziergänge mit Hundekumpeln, wenn er welche hat. Nicht zu viel, nicht zu wenig und wenn es geht bunt gemischt aber immer so, dass es der Hund selber auch gerne macht. Das richtige Maß? Das muss man vom Alter, von der Größe, Gesundheitszustand, Rasse abhängig machen. Und offen sein für Ausnahmen. UND! Nicht vergessen: viel Ausgleich durch tief entspannte Ruhezeiten.

Und dann geht es um das Trainingshandwerk:

Recognizing Reinforcers: die richtigen Verstärker kennen.
Hier geht es wieder um die Hobbies. Aktivitäten, die der Hund von sich aus oft zeigt, aber genau so gut Verstärker, die ich zusammen mit ihm aufbaue. Training wird dann echt schön und pfiffig, wenn man sich um andere Verstärker bemüht als nur das Leckerchen aus der Tasche, selbst wenn es das in vielen Variationen gibt. Handlungen aus seinem Hobbybereich oder Beschäftigungen, die der Hund ganz gern macht, sind wunderbare Verstärker. Der Erfolg, die schnellen Resultate, die sich jeder wünscht, hängen unmittelbar mit der Kraft der Verstärker zusammen. Sind die „Belohnungen“ die ich für den Hund in petto habe so kraftvoll, dass er dafür mehr tun würde? Dann weiß ich, dass ich von dem „erwünschten“ oder antrainierten Verhalten mehr bekommen werde. Wenn man „herumdümpelt“ muss man einfach schauen, wie man zu einem besseren Verstärker für diesen individuellen Hund und dieses bestimmte Verhalten kommt. Eine spannende Aufgabe, die einen den eigenen Hund noch besser entdecken lässt.

Spectacular Timing: ein spektakuläres Timing.
Das muss man als Mensch einfach lernen. Und man kann es sehr wohl lernen. Die erste Voraussetzung ist zu entscheiden, welches Verhalten man gerne haben möchte und die zweite ist eine gute Beobachtung. Wenn der Mensch es schafft, das Verhalten so zeitnah (1-2 Sekunden) ein zu fangen mit einem Click oder einem Markerwort wonach zuverlässig ein Verstärker angeboten wird, dann begreift der Hund immer mehr und immer schneller, was genau von ihm erwartet wird. Ist man zu langsam, kann es sein, dass wir bereits das darauf folgende (eventuell unerwünschte) Verhalten clicken und verstärken. Verhalten ist das, was der Hund macht, mit seinem Körper inkl. mit seiner Stimme. Also die Dinge, die ich am Hund wahrnehmen kann. Wenn ich zum Beispiel immer die Ruhe zwischen dem Bellen verstärken will, muss ich teufelsgenau sein. Wenn ich das nicht bin, verstärke ich das Bellen, wenn er sofort wieder loslegt. Das gleiche gilt für angespanntes reaktives Verhalten, für Hochspringen, und so weiter.
WENN ich es schaffe, gutes Verhalten punktgenau ein zu fangen, ist das Resultat unweigerlich, dass ich mehr von dem „guten“ Verhalten bekomme. Timing ist Währung! Wenn ich schlechtes Timing habe, dümpele ich nicht nur auf einem leidlichen Niveau herum sondern es kann sogar sein, dass ich unerwünschtes Verhalten vermehre.

Focusing on good Behavior. Sich auf gutes Verhalten konzentrieren.
Ooooh! DAS ist schwer, ich weiß. Auf einmal müssen wir den Hund für das belohnen, was eh von ihm erwartet wird. Meckern wir doch alle mal darüber, was der Hund alles falsch macht. Und dann müssen wir das unterbrechen, dieses verflixte unerwünschte Verhalten. Das heißt, wir sind ständig am korrigieren. Kein schönes Zusammensein, oder? Wie wäre es, wenn wir einfach mal schauen, WAS wir haben möchten? Und das spontan mit einem Click oder Marker einfangen? Je besser ich die Umwelt gestalte (siehe oben) um so öfter und mehr wird der Hund gutes Verhalten zeigen können. Auch wen es nichts Spektakuläres ist. Verstehen Sie jetzt warum es so wichtig ist, die Umwelt so zu gestalten, dass der Hund nicht anders als erfolgreich sein kann?
Mit jedem Click oder Marker für gutes Verhalten zahlen Sie ein auf das Konto dieses erwünschten Verhaltens. Je praller das Konto gefüllt ist, um so besser kann der Hund das Verhalten zeigen, auch wenn die Umwelt mal nicht so ideal oder sogar brenzlig ist, das heißt, wenn das Verhalten teurer wird. Jedes Verhalten hat ein Konto… und alle diese Konten wollen gespeist werden. Zahlt man nicht mehr ein, oder hebt man nur Geld ab… dann ist das irgendwann leer oder es ist nicht genug Geld mehr da für teures Verhalten. Pleite. Schade!

Ich möchte von mir aus noch ein Trainingselement hinzufügen:

Provide repetitions: Wiederholungen anbieten.
Wenn ich ein neues Verhalten antrainieren will, muss ich zusehen, dass sowohl ich als Person wie auch mein Hund, diese Abläufe übe. Es ist wie wenn ich lerne, ein Auto zu fahren. Diese koordinierten Abläufe, Denkvorgänge und das Muskelgedächtnis will geübt werden. Das geht nicht, wenn ich jede Woche nur einmal mein PKW fahre. Da werde ich nicht besser, bestenfalls fange ich immer ein bisschen von vorne an. Fahre ich jedoch jeden Tag eine kleine Strecke, so werde ich auf Dauer nicht mehr nachdenken müssen, mit welchem Fuß ich die Bremse betätige oder an welcher Seite des Lenkrads der Blinker sitzt.
Zu den Abläufen gehören: Distanz/Umgebung einschätzen, die Leine handeln, Körpersprache lesen, Timing, richtig belohnen, eigenen Körper richtig einsetzen, Ausrichtung anpassen, Alternativverhalten abfragen (welches?) und so weiter. Und das alles muss ich, der Mensch, koordinieren. Wenn ich das gut kann, wird der Hund alles richtig machen. Und das will durch Wiederholungen geübt werden. Menschentraining also.

Und dann gibt es noch…..

PATIENCE! GEDULD!
In kleinen Schritten trainieren. Die Fortschritte daran ausrichten, wie gut die vorige Etappe sitzt. Das ist auch einfacher gesagt als getan. Wir sind ergebnisorientiert und das projizieren wir auch auf unsere Hunde. Wie soll eigentlich ein Welpe, der gerade seine Mama und seine Geschwister verlieren musste, sich am ersten Tag vernünftig“ verhalten und zum Beispiel stubenrein werden oder locker flockig mit Gassi laufen? Wie soll ein Hund, der womöglich schon in mehreren Familien gelebt hat, wissen was nun in meiner Familie richtig ist? Wie soll ein traumatisierter Hund aus Spanien verstehen, dass man in Deutschland nicht frei auf die Jagd geht? Wie soll ein malträtierter Hund sofort Vertrauen zu seinen neuen – jetzt endlich mal netten – Menschen fassen ohne dieses ewig lästige Angstverhalten?
Kleine Schritte, Empathie, Zeit geben, nichts abzwingen sondern die Möglichkeiten in Fülle anbieten, nichts erarbeiten lassen sondern großzügig zur Verfügung stellen. Und verstehen, dass jeder Hund ein Individuum ist, der vielleicht nur ähnlich aussieht wie der vorige Hund, jetzt aber mit bestimmten Situationen auf seine eigene Art und Weise umgeht.
Und auch mit uns selber sollten wir Geduld haben. Wenn die eigene Reaktion nicht mal so besonders war, nicht ewig hinterher ärgern sondern erst einmal kurz dabei still stehen, die Situation noch mal durchspielen und sich fragen, wie man das beim nächsten Mal besser machen kann. Und das dann auch tun.

Hundetraining ist nicht nur Menschentraining, es ist eine Möglichkeit sich als Mensch weiter zu entwickeln, und eine verdammt nette dazu!